Samstag, 28. April 2012

Es gibt Tristesse und es gibt Lommatzsch

Ich werde vom Telephon geweckt. Es ist Omi, relativ aufgelöst, aber das muß ja nichts heißen. Opi ist heute Morgen zum Arzt gefahren und hat alle Papiere zuhause liegen lassen. Führerschein, Ausweis, Krankenkarte, Herzschrittmacherpaß, das volle Programm. Ich hole die Papiere bei ihr ab und fahre nach Lommatzsch, ein kleiner Ort, ach was ein Kaff, fünfzehn Kilometer von hier. Seit Jahren war ich nicht mehr dort, auf dem Ortseingangsschild steht »Stadt Lommatzsch«. Witzig. Links und rechts der Straße sind so neongrüne Plakate an die Laternen gehangen. Es ist nicht zu erkennen, um was für eine Veranstaltung es geht. Bzw. gegangen wäre, denn riesige »fällt aus«-Aufkleber überdecken die Plakate. So ein Ort ist das, Lommatzsch. Intuitiv finde ich die Arztpraxis, sehe Opis Auto auf dem Parkplatz – und direkt daneben einen dunkelblauen Ford Fiesta. So einen, wie meine Großeltern direkt nach der Wende gekauft haben.

Oben in der Praxis sind die Schwester und eine Omma im Gespräch, im persönlichen Gespräch mit »Frohe Ostern« und allem drum und dran. Als ich an der Reihe bin, blickt mich die Schwester verdutzt an, wahrscheinlich bin ich der erste diese Woche unter sechzig. Ich halte den Beutel nach oben, in den Omi Opis Papiere und ein Brillenetui getan hat und sage, daß ich Herrn Richter suche und daß meine Omi grad angerufen hat, wegen der Papiere. Die Schwester versteht, was hier los ist, man sieht in ihrem Gesicht, wie es »bing« macht. »HERR RICHTER!«, brüllt sie und Opi kommt um die Ecke geschlurft. Er freut sich, mich zu sehen und ich freue mich auch, er sieht gut aus, gar nicht krank. Er entschuldigt sich für die Mühe, die er mir gemacht hat und nimmt das Etui und die Papiere aus dem Beutel. »Den schenk ich dir«, grinst er mich an. Wir verabreden uns fürs Stahl-Riesa-Spiel am Sonnabend und wünschen uns noch einen schönen Tag. Als ich an der Schwester vorbei zur Tür gehe, sage ich: »Frohe Ostern.« Da freut sie sich.

Auf dem Hof gucke ich den Ford Fiesta nochmal genauer an. Es ist genau die Farbe, nur fünfzehn Jahre blasser. Hatten meine Großeltern auch einen Dreitürer? Das Nummernschild ist noch so eins ohne das blaue EU-Kästchen links und endet auf 894. Das ist nicht der gleiche Fiesta, sondern derselbe! Ich gehe näher ran, um die Sitzbezüge zu checken, erschrecke aber, weil ich, die Hand an der Stirn, durch die Beifahrertür direkt eine Omi angucke, die wahrscheinlich im Auto auf ihren Mann oben beim Arzt wartet. Sie bemerkt mich zum Glück nicht, ich drehe wieder um und hole aus dem Auto mein Telephon, um ein Erinnerungsphoto vom alten Fiesta und neuen Focus direkt daneben zu machen. Fehlt eigentlich nur noch der weinrote Escort, den sie dazwischen hatten. Aber den fand ich eh immer scheiße. Omi und Opi werden sich über das Photo freuen und Omi kann endlich mal wieder erzählen, daß nicht sie das erste Auto nach der Wende aussuchen durfte, sondern Opi stattdessen auf die Meinung seines vierjährigen Enkels gehört hat. Da der nach wie vor sehr schön dunkelblaue Fiesta aber anscheinend noch fährt, lag ich damals wohl nicht so falsch.

Beflügelt vom unerwarteten Wiedersehen mit dem alten Ford, beschließe ich, eine Runde durchs Dorf (Lommatzsch ist einfach keine Stadt) zu laufen und irgendwo was zu essen. Auf dem Markt ist heute zufällig Markt, überall stehen alte Leute rum oder parken gerade ihr Auto. Ein schöner Audi 100 steht neben dem Bäcker, der, wie ich auf dem Schaufenster lese, seit letztem Wochenende auch sonnabends und sonntags 14-17Uhr geöffnet hat. Der Audi hat auch kein EU-Nummernschild, genauso wenig wie der Golf und der Audi 80 vor der Apotheke. Als ich diese Anhäufung von ersten West-Autos photographieren will, fährt ungelogen ein Rentnerpaar in einem weißen Trabi-Kombi ins Bild, selbstredend mit altem Kennzeichen.

Zwischen dem Broilerwagen und dem mit einer langen grauhaarigen Schlange versehenen Fleischerwagen hindurch gehe ich in die von Wagen und Ständen gebildete Wochenmarktgasse. Hinter dem Käsewagen sehe ich, von einer großen Tanne verdeckt, einen kleinen Balkon am Rathaus. Dort stand vor vielen Jahren mal Terence Hill und winkte dem rappelvollen Marktplatz seiner Heimatstadt zu. Ich hatte das alles irgendwie größer in Erinnerung. Diesen seltsamen Platz, der so schief ist, daß das Rathaus mitten darauf vorn zwei Stockwerke mehr hat als hinten. Heute hat der Markt nur sehr wenige Besucher an den wenigen Stände n zu bieten. Wurst, Brot, Fisch, Blumen, Honig, Haushaltswaren und in einem Anflug von Luxus zwei Gemüsestände. Die Ladengeschäfte im Hintergrund stehen alle leer und zum Verkauf.

Ich entdecke einen Durchgang in einer Ecke des Platzes. Als ich ihn passiere, spricht mich eine der pinkorangelachsfarben bejackten Frauen an. Es ist Tante Inge. Sie und der Bruder meines Opas sind die einzigen Menschen, die ich kenne, die in Lommatzsch wohnen. Schon immer. War ja eigentlich klar, daß ich sie hier treffe. Herzliche Begrüßung, kurze Erklärung meinerseits, warum ich hier bin. Bevor ich was zum tristen Bild des leeren Wochenmarktes sagen kann, erklärt mir die andere Frau, mit der sich Tante Inge unterhält, daß donnerstags immer so viel los ist, weil dann ja Markt ist. Ich verabschiede mich. »Schöne Grüße an…« usw. usf.

Zweimal um die Ecke gebogen, gehe ich an einem Schulgelände vorbei, wo Licht brennt, aber niemand zu sehen oder zu hören ist. Das ist wahrscheinlich normal und an jeder Schule so, wenn grad keine Pause ist, hier aber frage ich mich, ob beim Schließen der Schule irgendwann in den Neunzigern nicht einfach jemand vergessen hat, das Licht auszumachen. Gegenüber erfreut sich ein Schleckermarkt seines Lebens.

Zu sagen, am Käsewagen auf dem lommatzscher Wochenmarkt sei heute der »Morbier« im Angebot, würde sehr gut als Pointe funktionieren. Leider würde es keiner glauben. Leider entspricht es der Wahrheit.

Mittwoch, 25. April 2012

Der Postillon legt nochmal nach

Heute sagt die Redaktion des Postillon herzlich >DANKE< zu Herrn Will Future. Mit vollem Namen und funktionierendem Link und allem. Gute Zeitung. Doch sehen Sie selbst.

Freitag, 13. April 2012

Mittwoch, 11. April 2012

Der Postillon

Nachdem wir 2011 bis August warten mußten (und überhaupt erst bis 2011), präsentiert 2012 bereits im März den ersten Pressebericht über Will Future.

Und was für einen! Wir von Will Future sind stolz, Ihnen mitteilen zu dürfen: Will Future hat es in den legen - warte kurz - dären Postillon-Newsticker geschafft!

Tätä!

Sicherlich, das Niveau vom einstigen ++++ Geil auf Menstruation: Vampirlesbe hat Blut geleckt.++++ wurde nie wieder erreicht, aber auch Newsticker Nummer 289 kann einiges. Besonders Zeile Fünf, freundlich präsentiert von wfu, wie wir Fans unseren Will Future nennen.


PS. Vom abgrundtief häßlichen neuen Layout des Postillons möchte sich Will Future ausdrücklich distanuieren. Tag ein Tag aus wundert er sich, daß die kritischen Stimmen dazu verklungen sind. Hätte man nicht warten können?